Die Serengeti ist bekanntermaßen Heimat für eine unglaubliche Vielzahl an großen wie auch an kleinen Lebewesen. Bis heute leben die verschiedenartigsten Wildtiere in diesem einmaligen Ökosystem in einer fast harmonischen Balance zusammen. So ist es nicht verwunderlich, dass eigentlich jeder Serengeti Besucher beim Anblick dieses Naturparks mit seiner einzigartigen Artenvielfalt sprachlos und überwältigt zurückkehrt.
Ein absoluter Höhepunkt des Serengeti Nationalparks ist zweifelsohne die jährliche Tiermigration, bei der sich ca. 1,5 Millionen Gnus und ca. 500.000 Zebras jedes Jahr auf den strapaziösen und mehrere tausend Kilometer langen Trek aufmachen auf der Suche nach frischem Gras- und Weideland. Dieses einzigartige Naturphänomen gilt als eine der letzten großen und intakten Wanderungsbewegungen von Pflanzenfressern auf dieser Welt.
Die Route der migrierenden Tiere verläuft dabei meist nach demselben Schema, jedoch ergeben sich während des jährlichen Migrationszyklus immer wieder Verschiebungen. Insbesondere die momentan etwas ungewöhnlichen Wetterbedingungen führen zu Konfusionen bei den großen Tierherden. Jedoch findet unabhängig von den Wetterverhältnissen die Zeit des Kalbens stets in den Monaten Januar bis März statt. Zum Kalben der Jungtiere begeben sich die Muttertiere in die südlichen Gebiete der Serengeti.
Mit den südlichen Gebieten meine ich all die Regionen, die sich nordwestlich des Ngorongoro Krater in Richtung Serengeti befinden. Insbesondere die sogenannte Ndutu Area bevorzugen Gnus während der Kalbungszeit.
Vor Kurzem hatte ich das Glück, gerade zu dieser aufregenden Zeit in der Ndutu Area auf Safari zu sein. Dort begegneten wir sicherlich ein paar tausend Gnus, die neue Kraft von den frischen Grasweiden schöpften. Allgemein wird angenommen, daß die großen Tierherden insbesondere diese südlichen Gebiete der Serengeti bevorzugen, da in dieser Region das Gras einen äußerst hohen Nährwert haben soll. Dies wiederum hilft den Muttertieren, eine besonders nahrhafte Muttermilch für ihr Kalb zu produzieren. Die Tragezeit eines weiblichen Streifengnus dauert gewöhnlich 8,5 Monate. Auffallend ist, dass 90% aller Kälber in einem Zeitraum von ca. 3 Wochen mehr oder weniger zur selben Zeit geboren werden. Wenn die Geburt anbricht, bleibt das weibliche Tier stets im Schutze inmitten der Herde. Zudem gebärt sie meist direkt zur Mittagszeit, wenn die Raubtiere in der Regel zu faul und müde sind, um in der Mittagshitze auf Beutejagd zu gehen. So bleibt den neugeborenen Kälbern meist genügend Zeit, um vor Sonnenuntergang stabil auf ihren langen und dünnen Beinchen stehen zu können.
Es ist schon erstaunlich, wie die Gnukälber bereits ein paar Minuten nach der Geburt auf ihren Beinen stehen und nach ein paar Stunden sogar der Herde im Trab folgen können. Bei der Geburt wiegt ein Gnu schon ca. 20 Kilogramm. Nach ca. 10 Tagen beginnen sie bereits Gras zu fressen, jedoch werden sie in der Regel die ersten 4 Monate von dem Muttertier gestillt. Auch nach der Stillzeit bleibt das Jungtier stets an der Seite des Muttertieres, bis das nächste Kalb geboren wird. Dann trennt sich der erste Nachwuchs meist vom Muttertier und schließt sich mit gleichaltrigen Gnus zu einer Herde zusammen und ein neuer jährlicher Trek kann beginnen.
Während unserer Safari war es uns leider nicht gegönnt, eine Gnugeburt „live“ mitzuerleben, aber wir wurden mit einer Unzahl von neugeborenen Jungtieren belohnt. Auch im Ngorongoro Krater hatten fast alle Gnus ihre Jungen bereits zur Welt gebracht. Es war ein wunderschönes Erlebnis, die teilweise nur ein paar Tage alten Jungtiere beim Entdecken ihrer eigenen Welt zu beobachten und wie sie dabei lebhaft umherliefen und spielend durch die Lüfte sprangen.